Sie nutzen ein Erholungsgrundstück oder ein Wochenendgrundstück, landläufig auch Datsche genannt? Dann haben Sie vielleicht selbst schon die Erfahrungen vieler Mitglieder im VDGN gemacht: Der Grundstückseigentümer droht mit Kündigung des Nutzungsvertrages oder will ein höheres Nutzungsentgelt von Ihnen. Das aber wollen Sie als Pächter sich nicht gefallen lassen. Oder: Sie möchten gern ein Datschengrundstück pachten und wollen nun wissen, worauf sie dabei achten müssen. Denn Sie haben gehört, dass es da einige Tücken gibt. In solchen Fällen ist der Rat von Experten des VDGN für Eigentümer von Wochenendhäusern oft bares Geld wert.
Mit allen juristischen, politischen und praktischen Problemen rund um die Wochenendhäuser und Datschen beschäftigt sich seit langer Zeit der VDGN. Schwerpunkt ist dabei die Praxis auf der Grundlage des – wie es amtlich heißt – Schuldrechtsanpassungsgesetzes. Dieses Gesetz gilt für Pachtverträge, die vor dem 3. Oktober 1990 auf dem Gebiet der DDR abgeschlossen worden sind. Dazu beraten die VDGN-Experten neben Einzelmitgliedern auch die Vorstände zahlreicher Vereine der Nutzer von Erholungsgrundstücken.
Zum Nachhören
Worauf müssen Eigentümer von Datschen auf fremdem Grund und Boden jetzt achten? Wie ist die Rechtslage? Darüber informierte der 1. Vizepräsident des VDGN, Peter Ohm, am 23. Mai 2023 bei einem Hörerforum des MDR-Sachsenradios. Die Sendung können Sie sich hier anhören (bitte anklicken).
News zum Thema Wochenendhäuser
Politik muß bei Datschen eine der letzten offenen Fragen der Wiedervereinigung lösen
VDGN fordert Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes bei Abrißkosten im Sinne der Pächter
Entschädigungsansprüche für Wochenendhäuser, Außenanlagen und Anpflanzungen
Nicht auf Zeitwert beschränkt
Dr. Jutta Richter-Thewis, Rechtsanwältin
Fast immer, wenn ein Nutzungsverhältnis, das dem Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG) unterfällt, beendet wird, sei es nutzerseitig, sei es eigentümerseitig, ergibt sich für die davon betroffenen Parteien die Frage, ob eine Entschädigung geleistet werden muß, wie hoch diese dann ist, ob nur das Bauwerk oder aber auch die Außenanlagen und Anpflanzungen sowie die mediale Erschließung dabei mit zu berücksichtigen sind.
Soweit eine einvernehmliche Regelung nicht erreicht werden kann, was häufig der Fall ist, auch der Grundstückseigentümer z. B. dem Pachteintritt eines Nachpächters nicht zustimmt, zu den entsprechenden Konditionen und einer Entschädigung, die dann der Nachpächter leistet, ergibt sich für den Nutzer immer auch die Frage, wie erfolgreich er seine Entschädigungsansprüche dann durchsetzen kann.
Im Zusammenhang mit Entschädigungsansprüchen ist das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 12. März 2008 insofern bedeutsam, als dass es eindeutige Aussagen mit umfänglicher und plausibler Begründung zum Umfang der Wertabschöpfung, die dem Nutzer aufgrund seiner Investitionen zusteht, sowie zur Methodik der Ermittlung der Verkehrswerterhöhung durch nutzerseitige Maßnahmen trifft. Beide Problemkreise haben in der Rechtsprechung eine erhebliche Bedeutung und sind, wie die BGH-Entscheidung zeigt, durchaus nicht in den Vorinstanzen rechtlich widerspruchsfrei gewertet worden und haben nunmehr eine Klarstellung erfahren.
Nicht Gegenstand des Verfahrens und weiterhin ungeklärt ist bislang, welche Bedeutung die subjektiven Verwertungsabsichten seitens des Grundstückseigentümers bei der Bestimmung der Verkehrswerterhöhung nach § 12 III SchuldRAnpG haben und welche Rolle dabei insbesondere die Frage einer baurechtlichen zulässigen Änderung der Nutzungsart hin, z. B. zu einer Wohnbebauung spielt.
Den Gesetzesmaterialien, hier z. B. der Begründung des Regierungsentwurfs zum SchuldRAnpG (Bundestags-Drucksache 12/7135, S. 47) ist dazu zu entnehmen, daß eine Verkehrswerterhöhung in derartigen Fällen nur in der Regel nicht gegeben sein soll und deshalb zwingend eine Einzelfallbetrachtung auf eine gegebenenfalls vorübergehend weiter mit Erträgen verbundene Nutzung oder auf eine dauerhafte zusätzliche Weiternutzung trotz Wohnbebauung anzustellen ist.
Gegenstand des Verfahrens vor dem BGH, das mit Urteil vom 12. März 2008 endete, war nach einer nutzerseitigen Kündigung ein Entschädigungsanspruch gemäß § 12 III SchuldRAnpG für einen im Außenbereich befindlichen und dadurch dem Bestandsschutz unterliegenden Wochenendbungalow, der im Jahr 1968 von dem damaligen Pächter mit den hierfür erforderlichen Genehmigungen errichtet und später noch erweitert worden war.
Die Klage, die wegen der ausschließlichen Zuständigkeit zunächst beim Amtsgericht (AG) eingereicht worden war, hatte nur teilweise Erfolg, wogegen sich die beklagte Grundstückseigentümerin durch Einlegung der Berufung wandte, welche dann das angerufene Landgericht (LG) zurückwies. Auf die seitens der Klägerin eingelegte Anschlussberufung gab es der Klage voll umfänglich statt. Die hier gegen erhobene Revision der Beklagten blieb erfolglos, und der BGH äußerte sich im wesentlichen zu drei Problemkreisen, wovon auf zwei nachfolgend eingegangen werden soll, nämlich zum Umfang der Wertabschöpfung (Entschädigungsleistung), die dem Nutzer zusteht, und zur Frage der Ermittlung der Entschädigungshöhe.
In dem vorliegenden Fall hatte das LG bereits entschieden, dass die hier zu entschädigende Verkehrswerterhöhung nicht auf den Zeitwert des Wochenendhauses begrenzt sei, sondern dem Nutzer insgesamt der Wertzuwachs an dem Grundstück zustünde, so dass auch die Erhöhung des Bodenwertes durch die bestandsgeschützte Bebauung im Außenbereich auszugleichen sei und der Klägerin der geltend gemachte Klagebetrag, der noch unter der Sachverständigenschätzung lag, in jedem Fall zustünde.
Dies hat dann der BGH ausdrücklich bestätigt und zur Begründung ausgeführt, dass der Begriff der Entschädigung im Sinne des § 12 II, III SchuldRAnpG (Verkehrswerterhöhung) eine umfassende Vorteilsabschöpfung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen meine und nicht nur einen Ausgleich etwa für den Rechtsverlust.
Dies ergebe sich nach der Rechtsansicht des BGH aus dem § 12 IV SchuldRAnpG unabhängig davon, ob der Nutzer oder Grundstückseigentümer den Nutzungsvertrag gekündigt habe, da nur er allein berechtigt ist, darüber zu entscheiden, ob er das Gebäude wegnimmt oder nicht.
Aus dieser vom Gesetzgeber getroffenen Regelung ergäbe sich, daß ein etwaiger Wertzuwachs insgesamt dem Nutzer zustehe, da dieser auch ein unbebautes Pachtgründstück herausgeben könnte. Auszugleichen seien deshalb alle Vorteile, die der Nutzer herbeigeführt hat, und bei Herausgabe des Grundstückes noch vorhanden und verkehrswerterhöhend sind. Im Analogieschluß träfe dies auch für weitergenutzte „Datschen“ zu. Anspruchsgrundlage ist die Regelung des § 12 III SchuldRAnpG, und zwar ohne Einschränkung, und unzutreffend war die Auffassung des AG in diesem Rechtsstreit, daß sich der Entschädigungsanspruch hinsichtlich der Höhe auf den § 12 II SchuldRAnpG beschränken würde.
Auf die Frage, wie die Bestimmung der Verkehrswerterhöhung erfolgen solle, machte der BGH Ausführungen, die zu mehr Klarheit führen, insofern, als dass zur Bestimmung der Verkehrswerterhöhung auf die Wertermittlungsverordnung zurückgegriffen werden kann, wobei die Wahl der Ermittlungsmethode im richterlichen Ermessen steht, die gewählte Methode aber im Hinblick auf den konkreten Fall geeignet sein muss, den vollen Verkehrswert für den zu bewertenden Gegenstand ohne Verzerrung des Wertbildes zu erfassen. Dies sind die Kernaussagen in Bezug auf die Bestimmung der Verkehrswerterhöhung. Dabei stellt der BGH den Grundsatz auf, daß die Anwendung des Ertragswertverfahrens dann sinnvoll und sachgerecht ist, wenn das Grundstück seiner Bestimmung nach der Ertragserzielung dient, wie das z. B. bei Miet-, Geschäftshäusern und Gewerbegrundstücken der Fall ist. Bei Ertragswertverfahren kommt es für die Werteinschätzung vorrangig darauf an, welcher Ertrag nachhaltig am Markt erzielt werden kann. Dem gegenüber ist das Sachwertverfahren bei Grundstücken geeignet, die nach Art ihrer Bebauung der Eigennutzung dienen, dies gilt unter Berücksichtigung auch der Gesetzesmaterialien, insbesondere bei Bauwerken für Erholungszwecke, als auch für Wochenendhäuser, so daß die hier seitens des Sachverständigen angewandte Wertermittlungsmethode keinen Bedenken im Verfahren begegnet ist.
Im hier vorliegenden Fall hatte die Sachverständigenbegutachtung unter Anwendung des Sachwertverfahrens einen Bodenwert für das im Außenbereich gelegene Grundstück unter Berücksichtigung des Bestandsschutzes für die Bebauung von ca. 30.000 Euro und unter Berücksichtigung eines Instandhaltungsstaus einen Bungalowwert von ca. 11.000 Euro ergeben. Dem gegenüber war der abzuziehende Bodenwert des unbebauten und im Außenbereich auch nicht mehr bebaubaren Grundstückes mit nur 1.500 Euro festgestellt worden. Dies kann letztlich – wie hier im vorliegenden Fall – aufgrund des bestandsgeschützten Wochenendhauses dazu führen, dass der Entschädigungsanspruch nach §12 III SchuldRAnpG höher ist als der Zeitwert des Gebäudes selbst. Dies gilt selbst dann, wenn der Nutzer seinerseits Anlass zu einer Kündigung aus wichtigem Grund gegeben hat.
Bei der Vorbereitung von Entschädigungsprozessen wird der vom zukünftigen Kläger beauftragte Sachverständige diese Grundsätze zu berücksichtigen und dementsprechend die Auswahl der Wertermittlungsmethode vorzunehmen haben. Hierauf werden gegebenenfalls Berater in Entschädigungsprozessen oder auch Rechtsverhältnisse dem Sachverständigen hinzuweisen haben.
Dem vorgenannten Urteil ist aber auch zu entnehmen, dass der auf die Verkehrswerterhöhung gerichtete Entschädigungsanspruch des Nutzers nicht beschränkt ist auf den Zeitwert des von ihm errichteten Gebäudes. Dies wird in der Praxis insbesondere dann Bedeutung erlangen, wenn die durch den Nutzer vorgenommene Bebauung Bestandsschutz genießt und eine neue Bebauung nicht genehmigt werden würde oder aber eine Umnutzung eines Erholungsgrundstückes ausgeschlossen bleibt. Da in solchen Fällen der Bodenwert durch die bestandsgeschützte Bebauung deutlich erhöht ist, ist auch die durch den Nutzer geschaffene und ihm auszugleichende Verkehrswerterhöhung entsprechend hoch zu bewerten.
In derartigen Fällen wird sich zukünftig für Nutzer die Frage aufdrängen, ob es gegebenenfalls sinnvoll ist, selbst eine Kündigung des Nutzungsverhältnisses auszusprechen, um in den Vorteil des gegenüber dem Zeitwert des Bauwerkes unter Umständen höheren Entschädigungsanspruchs nach § 12 III SchuldR-AnpG zu erlangen.
Eine solche Entscheidung kann aber stets nur nach gründlicher Prüfung des Einzelfalles getroffen werden und einer zuvor erfolgten Sachverständigenbewertung und insbesondere exakten Überprüfung der tatsächlich gegebenen baurechtlichen Situation sowie der Überprüfung, ob exakt nach den Rechtsvorschriften der DDR die Baulichkeiten errichtet wurden.
Häufig besteht bei der Beendigung eines Nutzungsverhältnisses, das dem SchuldRAnpG unterliegt, auch Unklarheit darüber, was zu entschädigen sei. Da der Entschädigungsanspruch im § 12 SchuldRAnpG sämtliche im § 5 SchuldRAnpG legal definierte, Bauwerke mithin u. a. Baulichkeiten und die zur Erschließung des Grundstückes erforderlichen Anlagen, z. B. Strom, Wasser, eine Einzäunung, Verrohrungen etc., unabhängig von einander erfaßt, sind auch diese zu entschädigen und nicht etwa nur als ein „Annex“ des Entschädigungsanspruches für die „Datsche“ zu verstehen.
Die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen für die mediale Erschließung des Grundstückes dürfte auch immer dann anzuraten sein, um bei geforderten Abrisskosten u. U. aufrechnen zu können.
Selbstverständlich ist für jede medial vorgenommene Erschließungsmaßnahme am Grundstück plausibel der Entschädigungsbetrag zu beziffern und der Nachweis zu erbringen, dass die Erschließung auch nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses noch verkehrswerterhöhend ist, selbst, wenn es zu einer Umnutzung des Pachtgrundstückes kommen sollte. Dass auch vom Nutzer vorgenommene Anpflanzungen entsprechend den Regelungen des § 27 SchuldRAnpG Entschädigungsansprüche begründen, ist in aller Regel bekannt.
Diese müssen allerdings bis zum 1. Januar 1995 angelegt worden sein und sollten hinsichtlich ihres Standortes und Zustandes ebenfalls exakt bewertet werden, um nicht über die Entschädigungshöhe spekulieren zu müssen.
Nach alledem bleibt also festzustellen, daß die Nutzer, soweit eine Einigung mit dem Grundstückseigentümern nicht möglich ist, die aber zunächst immer versucht und bei der auch über Zahlungsmodalitäten verhandelt werden sollte, ihre berechtigten Ansprüche bei der Einhaltung der Fristen auch gerichtlich durchsetzen können auf der Grundlage des SchuldRAnpG und der dazu zwischenzeitlich doch erfolgten höchstrichterlichen Rechtsprechung, die für weitere Klarheit, wie das vorgenannte BGH-Urteil gesorgt hat auch wenn es nach wie vor noch offene Fragen gibt.