VDGN fordert Härtefallregelung

15.12.2020

Nach Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt sind jetzt weitere Schritte notwendig

Auch in Sachsen-Anhalt wurden die Straßenausbaubeiträge jetzt abgeschafft. Ein entsprechendes Gesetz hat der Landtag am heutigen Dienstag mehrheitlich beschlossen. Der VDGN begrüßt diesen längst überfälligen Schritt, sieht jedoch weiteren Handlungsbedarf und fordert eine Härtefallregelung. Ziel muss sein, diejenigen Anlieger zu entlasten, die trotz der beschlossenen Abschaffung noch mit einem Beitragsbescheid rechnen müssen, weil ihre Straße in den Jahren 2017 bis 2019 fertiggestellt wurde.

 Dazu erklärt VDGN-Präsident Jochen Brückmann: „Mit der nun beschlossenen Abschaffung der Straßenausbaubeiträge wird der jahrelange gemeinsame Kampf des VDGN und der Bürgerinitiativen endlich belohnt. Leider ist jedoch die Chance vertan worden, das Thema Straßenausbaubeiträge konsequent und sofort zu beerdigen. So hatte der VDGN gefordert, rückwirkend zum 1. Januar 2020 keine Bescheide mehr zur erlassen und  seit diesem Stichtag  bereits ergangene Bescheide aufzuheben. Nach der jetzt vom Landtag beschlossenen Stichtagsregel zum 1. Januar 2020 müssen jedoch Anlieger, deren Straße in den Jahren 2017 bis 2019 fertiggestellt wurde , im  Zuge der vierjährigen Verjährungsfrist immer noch einen Beitragsbescheid befürchten. Das heißt bis Ende 2023  kann es trotz Abschaffung noch zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in Sachsen-Anhalt kommen. Diese Fälle müssen vom Land mittels einer Härtefallregelung  abgefedert werden.“

Dazu erläutert der seit vielen Jahren in Sachsen-Anhalt tätige VDGN-Vizepräsident Lothar Blaschke: „Jetzt wird den Kommunen zwar freigestellt, auf  Beiträge für zwischen 2017 bis  2019 abgeschlossene Baumaßnahmen zu verzichten. Sie müssten diesen Betrag dann allerdings aus ihrem  meist klammen Gemeindehaushalt zahlen.  Damit hängt eine Entlastung der Anlieger von der Finanzkraft der jeweiligen Gemeinde ab, und es entsteht ein Flickenteppich mit neuen Ungerechtigkeiten. Die Lösung kann nur eine Härtefallklausel sein, wie sie in Bayern bereits erfolgreich praktiziert wurde. Nach diesem Modell könnten Anlieger, die ab dem 1. Januar 2020 noch einen Beitragsbescheid  erhalten oder bereits erhalten haben, eine finanzielle Unterstützung  vom Land beantragen. Dafür wird ein spezieller Härtefallfonds gebildet.“

Basierend auf den Erfahrungen in anderen Bundesländern  warnt der VDGN vor einem weiteren Problem: Dort wird nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge vielfach versucht, die Anlieger ersatzweise über das Instrument der Erschießungsbeiträge mit bis zu 90 Prozent an den Kosten für Straßenmodernisierungen und -erweiterungen  zu beteiligen. Mit einer tatsächlichen Erschließung, die ein Grundstück oder ein gesamtes Gebiet bebaubar macht, hat das nichts mehr zu tun. Deshalb sollte auch Sachsen-Anhalt jetzt von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen, um Regelungen treffen, die einen solchen Missbrauch von Erschließungsbeiträgen ausschließen. Ebenso muss verhindert werden, dass Kommunen jetzt mit dem Argument des Wegfalls der Straßenausbaubeiträge die Grundsteuer erhöhen, obwohl sie dafür Ausgleichzahlungen vom Land erhalten. Erste Versuche in dieser Richtung gibt es bereits.

Zusatzinformation: Sachsen-Anhalt ist nunmehr das achte Bundesland, in dem es keine Straßenausbaubeiträge mehr gibt. Es bleiben fünf Bundesländer (Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und das Saarland), in denen die Gemeinden mehr oder weniger selbst entscheiden können, ob sie diese Beiträge erheben, und drei Bundesländer, in denen es spezielle Regelungen wie die mögliche Halbierung der Beiträge durch Landesförderung (Nordrhein-Westfalen) oder die ausschließliche Erhebung wiederkehrender Beiträge (Rheinland-Pfalz) gibt.