Klarheit für Deutschlandticket schaffen

29.09.2023

Nach fünf Monaten wird schon wieder über ein mögliches Aus des Deutschlandtickets diskutiert: Ein Hick-Hack auf politischer Ebene, für das die aktuellen und die potenziellen ÖPNV-Nutzer kein Verständnis haben. Der VDGN fordert, endlich Klarheit und Verlässlichkeit zu schaffen.

Seit fünf Monaten gibt es jetzt das Deutschlandticket. Damit können Busse und Bahnen, ja teilweise sogar Fähren oder Berg- und Schmalspurbahnen im Nah- und Regionalverkehr deutschlandweit für 49 Euro im Monat genutzt werden. Und bei allen Ecken und Kanten, die es noch gibt, teilweise überfüllten Zügen und verpassten Anschlüssen, steht fest: Die Einführung des Deutschlandtickets ist ein Meilenstein auf dem Weg hin zu einer Vereinfachung der ÖPNV-Tarifstruktur. Und es wird angenommen. Laut Statistischem Bundesamt hat das Ticket bereits im ersten Halbjahr 2023 zu einem deutlichen Anstieg der Fahrgastzahlen in Bussen und Bahnen geführt. Konkret handelt es sich um mindestens zehn Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Und das, obwohl das Ticket ja erst im Mai und Juni genutzt werden konnte. Für das zweite Halbjahr dürften die Zahlen also noch besser ausfallen.

Ungeachtet dessen wird jetzt im politischen Raum schon wieder über ein mögliches Aus des Tickets, über Preiserhöhungen oder Angebotseinschränkungen diskutiert. Der Hintergrund: Da die 49 Euro für das Deutschlandticket bei weitem nicht die Kosten für die ÖPNV-Fahrten der Kunden decken, übernehmen Bund und Länder bisher je 1,5 Milliarden Euro im Jahr, um das Defizit auszugleichen. So ist es zumindest bis 2025 vereinbart. Falls das nicht reichen sollte, teilen sich beide Seiten in diesem Jahr zudem die Mehrkosten. Für das kommende Jahr gibt es genau darüber jedoch noch keine Einigung. Die Länder seien bereit, die Hälfte dieser Mehrkosten auch weiter zu übernehmen, heißt es, allein der Bund aber habe diese Zusage noch nicht gegeben. Unverhohlen warnt der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Oliver Krischer von den Grünen in NRW: „Wenn jetzt nicht sehr zeitnah beim Deutschlandticket eine Lösung gefunden wird, dann ist das, was wir alle als das erfolgreichste Ticketmodell in der ÖPNV-Geschichte zu Recht feiern und was wirklich auch ein Riesenfortschritt ist, auch ganz schnell wieder Geschichte.“

Ein Argument: die Nahverkehrsbetriebe bräuchten dringend die Eckpunkte, um für 2024 kalkulieren zu können. Und, was nach Auffassung des VDGN mindestens ebenso schwer wiegt: Die Bürger erwarten von der Politik zurecht Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit auch für ihre persönliche Lebensplanung. „Welche ÖPNV-Pendelstrecke zur Arbeit kann ich auch finanziell verkraften, wenn ich mich für einen Wohnort abseits der Metropolen entscheide? Lohnt es sich tatsächlich, ein Auto abzuschaffen?“ Diese und andere Fragen stellen sich.  Und vor allem: „Wie ernst ist es tatsächlich gemeint mit der Verkehrswende?“ Letztlich ist es sekundär, ob nun der Bund oder die Länder den Schwarzen Peter in der Hand halten, wenn das Ticket tatsächlich wieder beerdigt oder bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt werden sollte.  Der Schaden würde weit über die Verkehrspolitik hinausgehen.

Hagen Ludwig