Vereinsvorstände des VDGN im lebhaften Dialog mit Leipzigs Stadträten:
Wie geht es weiter mit den Garagenhöfen auf kommunalen Grundstücken in Leipzig? Um diese Frage zu erörtern, hatte der VDGN für den 16. April 2024 Vertreter alle Stadtratsfraktionen in den historischen Konferenzsaal der Alten Konsumzentrale eingeladen. In der Diskussionsrunde mit den Vorständen der 25 unter dem Dach des VDGN vereinten Leipziger Garagenvereine mit insgesamt 3000 Mitgliedern ging es nicht zuletzt auch um eine Orientierung im Vorfeld der Kommunalwahl. Dass das Thema Garagen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, zeigte die prominente Besetzung des Podiums. Der Diskussion stellten sich die Stadträte Dr. Volker Kühlow von den Linken, Jens Lehmann (CDU), seines Zeichens auch Bundestagsabgeordneter, Dr. Tobias Peter (Grüne), Anja Feichtinger (SPD) und Tobias Keller (AfD). Moderiert wurde die Runde vom 1. Vizepräsidenten des VDGN, Peter Ohm.
Ausgangspunkt war ein kurzer Rückblick. „Dialog –Zukunft –Garagen“: Unter dieser Überschrift fand vor gut drei Jahren ein Runder Tisch mit Vertreten der Stadtverwaltung, des Stadtrates, der Garagenvereine und des VDGN statt. Zuvor hatten sich mit der Übernahme der Garagengrundstücke in die Eigenverwaltung der Stadt viele strittige Fragen ergeben. Gemeinsam wolle man nun bei der weiteren Entwicklung der Garagenstandorte zusammenarbeiten und sich dabei auch Zukunftsthemen wie der Installation von Solaranlagen und E-Ladesäulen widmen, hieß es. In der Folgezeit wurden vom Stadtrat dazu wichtige Beschlüsse gefasst (siehe Infokasten). Doch was ist daraus geworden? Was wurde umgesetzt und was liegt noch immer in den Schubläden des Rathauses?
Die Bilanz ist in einigen Punkten ernüchternd. So hatte Jens Lehmann kürzlich bei der Verwaltung angefragt, wie weit man denn mit dem vom Stadtrat vor zwei Jahren beschlossenen Garagenkonzepts sei. Wörtlich antwortet die Verwaltung unter anderem: „Aktuell wird eine Ausschreibung vorbereitet, die die Verfügbarkeit von öffentlichen und privaten Stellflächen in den Stadt-/Ortsteilen analysiert.“ Sicher werden damit notwendige Grundlagen für das Konzept geschaffen, doch die Garagennutzer fragen sich, warum eine solche Analyse nicht schon längst auf den Weg gebracht wurde. Das einzige Papier, was man bisher zu diesem Thema von der Stadtverwaltung gesehen hat, ist eine Pressemitteilung mit der Auflistung von Garagenhöfen, die für kommunale Schulneubauten weichen sollen.
Schule oder Garagen? Wenn sich tatsächlich keine Alternative im jeweiligen Stadtteil biete, gebe es auch für ihn da keine Diskussion, erklärte Jens Lehman. Ein Problem habe er aber bereits damit, wenn ein Garagenstandort lediglich als Tauschobjekt für einen Schulneubau andernorts dienen soll. „Es hat mich schon sehr geärgert, wie man mit den Garagennutzern umgeht“, so der CDU-Mann. Als Beispiel führte er auch die mangelnde Tatkraft der Stadtverwaltung bei der Unterstützung des Photovoltaikprojekts auf dem Garagenhof Mockau-Ost an. „Die Verwaltung müsste doch dankbar sein für die Initiative, die dort gezeigt wird.“
Der Linke Volker Kühlow betonte die wichtige Funktion der Garagenvereine in der Stadt. Die Höfe seien nicht nur Stellplätze für Autos, sondern soziale, identitätsstiftende Orte. Külow konnte auf zahlreiche Aktivitäten seiner Fraktion im Sinne der Nutzer verweisen, darunter der erfolgreiche Antrag zur Freistellung von den Abrisskosten, wenn eine Anlage tatsächlich dem Erdboden gleichgemacht wird. Der Verwaltung warf er vor, eine Reihe von Beschlüssen zu verschleppen. „Wartefristen von drei Jahren sind noch längst nicht das Maximum“, kritisierte der Politiker. Zum Thema Zielkonflikte erklärte Volker Külow: „Wir beobachten die demografische Entwicklung in Leipzig sehr genau.“ Laut einer kleinteiligen Bevölkerungsprognose sei die Zahl der Kitakinder und vor allem der Grundschüler stark rückläufig. „Möglicherweise muss man bei dem einen oder anderen Schulbauvorhaben nachjustieren.“
Tobias Peter von den Grünen machte deutlich, dass seine Partei nicht nur die Flächenkonkurrenz zwischen Garagen und Schulen im Blick habe, sondern auch zwischen Garagen und öffentlichen Grünflächen sowie Wohnungsbau. „Man kann nicht jeden Standort garantieren“, merkte er an. Sollte die Stadt für ein Garagengelände Bedarf anmelden, müsse aber der Anspruch auf jeden Fall Transparenz und Berechenbarkeit sein. Auch für den Wunsch nach verlässlichen Ansprechpartner in der Verwaltung zeigte er Verständnis.
Die ausbaufähige Informationspolitik und Bürgerbeteiligung treibt auch den AfD-Politiker Tobias Keller um. Er appellierte an die Vertreter der Garagenvereine, sich regelmäßig Gehör zu verschaffen, in dem sie sich mit ihren Anliegen an die Fraktionen wenden, Anfragen an den Oberbürgermeister stellen, das Petitionsrecht nutzen und an Bürgerversammlungen teilnehmen. Außerdem machte Keller klar, dass – wann immer Garagen plattgemacht werden – es mit der Übernahme von Abrisskosten durch die Stadt längst nicht getan sei. Die Betroffenen müssten in dem Prozess besser mitgenommen werden. Außerdem forderte er Kompensation für wegfallende Standorte.
Die Sozialdemokratin Anja Feichtinger verwies in dem Zusammenhang auf einen Antrag ihrer Fraktion zum Quartiersgaragenkonzept. „Wir müssen bei dem Thema ein bisschen PS auf die Straße bekommen, um Alternativen zu schaffen und um die soziale Infrastruktur weiterentwickeln zu können.“ Die Garagenvereine bräuchten Planungssicherheit und eine transparente Informationspolitik. Sie nehme von der Veranstaltung zwei Hausaufgaben mit, sagte Feichtinger: Die Forderungen nach konkreten Zeitschienen und verbindlichen Aussagen zur Frage der Pachthöhen
Unter dem Strich, so VDGN-Vizepräsident Peter Ohm, sei es eine sehr konstruktive Runde gewesen, die zur Vertrauensbildung beigetragen habe. Gleichzeitig seien aber auch unterschiedliche Herangehensweisen der Fraktionen deutlich geworden. Anspruch für die nächsten Monate und Jahre sollte es nun sein, Planungssicherheit zu schaffen und das vorhandene Potenzial der Leipziger Gargenhöfe für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu nutzen. Claudia Dressel / Hagen Ludwig
Aktueller Nachtrag:
Bei der Stadtratswahl am 9. Juni 2024 hat die CDU mit 18,9 Prozent das beste Ergebnis erzielt. Dann folgten Die Linke mit 17,5 Prozent und die AfD mit 17 Prozent. Die Grünen fielen auf 15 Prozent zurück, die SPD auf 12,1 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte 9,6 Prozent. Alle vier Stadträte, die auf der VDGN-Veranstaltung zu Gast waren, sind wiedergewählt worden.