Ein Kommentar von VDGN-Präsidiumsmitglied Hagen Ludwig
Haben die Eigentumsgaragen auf fremdem Grund und Boden noch eine Perspektive. Die Antwort lautet eindeutig ja. Der VDGN hat in der Vergangenheit stets seine Stimme erhoben, wenn die zu DDR-Zeiten entstandenen Garagenkomplexe pauschal als städtebaulicher Missstand diskreditiert und als bedenkenlos verfügbares Flächenreservoir für alle nur denkbaren Neubauvorhaben betrachtet wurden. Jetzt hat auch bei Städteplanern ein Umdenken eingesetzt. Garagenhöfe seien nicht nur Abstellplätze für Autos, sondern Gemeinschaftsorte, Kulturgut und Räume für Stadtentwicklung, heißt es in der offiziellen Präsentation von Chemnitz als Europäische Kulturhauptstadt 2025. Den Garagen ist dort eines von fünf sogenannte Flaggschiff-Projekten gewidmet.
Ganz praktisch gesehen, gibt es meist keine vernünftigen Alternativen, den ruhenden Verkehr vor allem in den engen Plattenbausiedlungen aus DDR-Zeit vernünftig zu gestalten. Doch darüber hinaus wird der einstige Bau und die fortgesetzte gemeinsame Nutzung von Garagenstandorten durch die Bürger mehr und mehr als identitätsstiftender Teil der Geschichte ostdeutscher Kommunen begriffen, wie das Beispiel Chemnitz zeigt. Gut funktionierende Garagenvereine gehören heute mehr denn je zu den sozialen Netzwerken der Kommunen. Da befremdet es schon, wenn in einigen Kommunen, Garageneigentümern derzeit mit fadenscheinigen Begründungen massenhaft gekündigt wird. Da ist von einem Auslaufen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes die Rede oder von automatischen Eigentumsübergängen an die Kommunen. Mit häufig anzutreffenden falschen Behauptungen hat sich der VDGN eingehend auseinandergesetzt.
Doch unter dem Strich sucht ein Großteil der Kommunen das Miteinander mit den Garageneigentümern. Sie lassen die DDR-Verträge im Sinne ihrer Bürger weiterlaufen, ersparen sich somit viel Ärger und gerichtliche Auseinandersetzungen und haben mit den Pachtzahlungen eine zuverlässige Einnahmequelle. Die gesetzlichen Erben setzen vielmals das Pachtverhältnis fort, und auch der Weiterverkauf der Garage wird ermöglicht. Im Zuge von sogenannten Dreiseitige Verträgen billigen die Kommunen als Grundstückseigentümer, dass der Käufer in den alten DDR-Vertrag eintritt und so im Sinne des Schuldrechtsanpassungsgesetzes das selbstständige Gebäudeeigentum erhalten bleibt. Gibt es aus städtebaulichen Gründen tatsächlich keine Alternativen zur Umnutzung eines Garagenhofes, übernehmen viele Kommunen – wie jüngst in Leipzig beschlossen – alle Abrisskosten. Doch die Garageneigentümer und -vereine brauchen auch Investitionssicherheit. Der Idealfall ist, dass ihnen die Möglichkeit gegeben wird, die genutzten Grundstücke zu kaufen. Grund- und Gebäudeeigentum gelangen damit endgültig in eine Hand. Auch Modelle der Erbbaupacht sollten stärker in den Fokus rücken. So werden Instandhaltung und Modernisierung auf sichere Füße gestellt. Nicht zuletzt eröffnet sich damit die Möglichkeit, Garagenhöfe zu zentralen Standorten für Sonnenenergienutzung und E-Mobilität zu entwickeln. Viele Menschen können so mit ins Boot geholt werden, wenn es um Stadtentwicklung und Energiewende geht.
