Grundwasser: Gefahr größer als bisher bekannt

Neue Studie zeigt, wie hoch das Wasser in Berlin wirklich steigen kann. Viele Häuser bedroht. VDGN fordert staatliches Handeln und erweitert Beratungsangebot

Steigendes Grundwasser bedroht das Eigentum Berliner Eigenheimer viel stärker als bisher bekannt. Zehntausende Hauseigentümer sind von der Gefährdung unmittelbar betroffen. Das geht aus einer Studie hervor, die von der KWS Geotechnik GmbH vorgelegt worden ist. Danach drohen in weiten Teilen des Berliner Urstromtals siedlungsunverträgliche Grundwasserstände, wenn weitere Wasserwerke abgeschaltet werden. Betroffen sind ganz oder teilweise Regionen wie Köpenick, Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf im Südosten, Lichtenberg, Friedrichshain und Mitte sowie Spandau, Staaken, Tegel und Heiligensee im Nordwesten der Stadt (siehe Karte). Das aber ist nur ein Teil der bedrohten Grundstücke, da in Stadtteilen außerhalb des Urstromtals massive Probleme mit Schichtenwasser auftreten.

Grundlage für die Angaben sind Berechnungen des höchsten zu erwartenden Grundwasserstandes im Bereich des Berliner Urstromtals. Beträgt der Abstand zwischen dem Grundwasser und der Geländeoberkante weniger als 2,5 Meter, dann ist eine Unverträglichkeit mit menschlichen Ansiedlungen gegeben. Denn dann steigt das Wasser in die Fundamente und Keller der Gebäude.

Nach den Ermittlungen der KWS Geotechnik GmbH wird der 2,5-Meter-Abstand in vielen Bereichen unterschritten, wenn das Grundwasser auf seinen höchsten erwartbaren Stand klettert. Wie der Karte zu entnehmen ist, kann das Wasser in vielen Fällen Marken erreichen, die nur einen Meter oder 50 Zentimeter unter der Geländeoberkante liegen.

Die Hauseigentümer in den betroffenen Gebieten werden sich längerfristig auf erhebliche Belastungen einstellen müssen. Die nachträgliche Isolierung eines normalen Eigenheims gegen das Wasser von unten kostet zwischen 40.000 und 50.000 Euro. Wer sich das nicht leisten kann, muß damit rechnen, Teile seines Hauses nicht mehr nutzen zu können und trotzdem erhebliche Mittel in den Umbau von  Heizungs- und Elektrosystemen stecken zu müssen. Gefährdet in vorhandenen Kellern sind Öltanks, Brenner, Elektroleitungen, Tiefkühltruhen und vieles andere mehr.

Die meisten der Betroffenen ahnen bisher nichts von der Gefahr, da sie über Jahrzehnte kein Problem mit Wasser in Kellern oder Fundamenten hatten und beim Bau der Häuser keine Auflagen zum baulichen Schutz gegen Grundwasser erteilt wurden. Doch eine Reihe von Gründen, zu denen vor allem der rapide gesunkene Wasserverbrauch seit 1990 gehört (siehe Beitrag Seite 3), hat zu einem Anstieg des Grundwassers geführt.

Deshalb haben sich in den letzten Jahren vermehrt Hauseigentümer an den VDGN mit der Bitte um Rat und Hilfe gewandt. Sie kamen aus Stadtteilen, die im Bereich des Berliner Urstromtales liegen, aber zum Beispiel auch aus Pankow, wo es Probleme mit Schichtenwasser gibt. Die Betroffenen bitten in der Regel um höchste Diskretion. Denn Wasser im Keller oder in den Fundamenten führt zwangsläufig dazu, daß der Wert eines Gebäudes und des dazugehörigen Grundstückes erheblich sinkt. Es handelt sich hier um massive Vermögensverluste.

Nicht unterschätzt werden sollte auch: Mit der Nässe im Mauerwerk entstehen gesundheitliche Gefahren. Es siedeln sich schädliche Pilze, Milben und Bakterien an. Im Rudower Blumenviertel, wo bereits seit Jahren Grundstückseigentümer mit hohen Wasserständen zu kämpfen haben, stellte das Neuköllner Gesundheitsamt in mehreren Häusern gesundheitsschädlichen Pilzbefall fest. Abzuhelfen, so teilte die Behörde den Hausbesitzern mit, sei dem nur, indem das Gebäude saniert und der Grund für den Wassereinbruch beseitigt werde. Da aber liegt der Hase im Pfeffer. Denn die Hauseigentümer selbst können gegen die Ursachen steigender Grundwasserstände oder eindringenden Schichtenwassers nichts unternehmen.

Gefordert ist hier das Land Berlin, für siedlungsverträgliche Grundwasserstände zu sorgen, zumal sich auch Haftungsfragen stellen. Doch es tut sich bisher wenig bis nichts. Zwar ist unter der Regierungskoalition von SPD und CDU ein „Runder Tisch Grundwasser“ eingerichtet worden, dem neben Vertretern des Senats und der Stadtbezirke auch Bürgerinitiativen und Verbände wie der VDGN angehören. Doch die Zuständigen aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt glänzen dort vor allem mit dem Vorschlag, daß die Grundstückseigentümer ihre Häuser auf eigene Kosten vor Nässe schützen sollten. Auf der Internetseite der Senatsverwaltung heißt es sogar immer noch: „Da mit Ausnahme engbegrenzter Bereiche um die Berliner Wasserwerke eine großflächige Regulierung der Grundwasserstände nicht möglich ist, muß in Fällen von Bauwerksvernässungen eine Schadensbehebung durch den Eigentümer erfolgen.“

Der VDGN wird sich damit nicht abfinden, daß die Politik die Eigenheimer gegenwärtig buchstäblich im Regen stehen läßt. Siedlungsverträgliche Grundwasserstände zu garantieren, sieht er als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an. Dafür wird der Verband weiter kämpfen. Zugleich weitet er sein Beratungsangebot für Mitglieder aus, die in den gefährdeten Gebieten leben und sich langfristig Sorgen um ihre Häuser machen müssen.