Zu viel Weiterso

08.06.2021

Umweltministerium stellte „Nationale Wasserstrategie“ vor. Zukunftsprobleme ländlicher Räume größtenteils ausgeblendet.

Schiff

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit hat am Dienstag in Berlin seinen Entwurf für eine „Nationale Wasserstrategie“ vorgestellt.

Dazu erklärt der Präsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN), Jochen Brückmann: „Wir begrüßen sehr den Ansatz, die Versorgung mit Trinkwasser und die Abwasserbehandlung auch künftig als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge zu gestalten, und das erklärtermaßen für die Menschen in Stadt und Land. Das gilt insbesondere für die Aussage von Ministerin Svenja Schulze, daß dafür gesorgt werden müsse, auch im Jahr 2050 und danach für alle Einwohner Deutschlands Trinkwasser in ausreichender Menge, hoher Qualität und zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung zu stellen.

Allerdings vermissen wir einen kritischen Blick auf die Gegenwart und Zukunft der Wasserversorgung insbesondere in den ländlichen Räumen. Bereits heute haben wir es mit starken finanziellen Belastungen der Menschen durch vier- bis fünfstellige Anschlußbeiträge wie hohe Grund- und Verbrauchsgebühren zu tun. Grund dafür sind Fehler und Mißwirtschaft in der Vergangenheit, als überdimensionierte Kläranlagen und Rohrleitungssysteme errichtet worden sind.

Für weite Regionen in den Ost-Bundesländern ist bereits jetzt auch ohne Berufung auf Klimaveränderungen vorauszusehen, daß die Belastungen steigen. Denn mit weiter sinkenden Einwohnerzahlen in diesen Gebieten wird es zunehmend schwieriger, diese Systeme aufrecht zu erhalten, ohne eine enorme Steigerung der Gebühren in Kauf zu nehmen. Hier – aber auch in ländlichen Regionen des Westens – muß dringend über einen grundlegenden Umbau hin zum Einsatz von Kleinkläranlagen und semizentralen Lösungen nachgedacht werden. Das wäre sicher auch ein wirksamerer Beitrag gegen die Wasserknappheit als Appelle an das Bewußtsein der Verbraucher oder Vorschriften, wer wann seinen Garten bewässern darf oder auch nicht. Denn lokale Lösungen, die auch eine Wiederverwertung von Brauchwasser im großen Stil beinhalten müssen, halten das Wasser in der Region anstatt es aus den Zentralkläranlagen über die Flüsse in die Weltmeere zu schicken.

Der Strategieentwurf hingegen atmet – trotz gegenteiliger Beteuerungen – den Geist eines Weiterso in der Wasserwirtschaft. Bis dieser Entwurf einer Strategie zur Beschlußreife gelangt, sollte Ministerin Schulze auch auf die Betroffenen in jenen Regionen zugehen, in denen heute und künftig die größten Probleme auftreten. Der vom Ministerium initiierte `Bürgerratschlag´ wirkte doch eher wie eine Alibiveranstaltung, wenn man sah, daß Svenja Schulze am Dienstag beim Vorstellen des Strategieentwurfs auf dem Bürgerpodium mit vier Bürgern aus den Großstädten Hamburg, Mannheim und Würzburg diskutierte.“