Brandenburg: Flächenbrand beim Kassieren für „Altanschlüsse“ droht

22.02.2008

Belastungen für Grundstückseigentümer durch Beiträge für Anschlüsse an Trinkwassernetz und Kanalisation aus DDR-Zeiten gefährdet sozialen Frieden. VDGN fordert von Ministerpräsident Platzeck politische Lösung

Den Grundstückseigentümern in Brandenburg drohen noch im Jahr 2008 flächendeckend starke Belastungen durch Beiträge für sogenannte Altanschlüsse an das Kanalisationsnetz und das Trinkwassersystem. Das ergibt sich aus einem jetzt schriftlich vorliegenden Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg vom 12. Dezember 2007 (Az OVG 9 B 44.06). Es legitimiert die Erhebung von „Herstellungsbeiträgen“ durch den Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland gegenüber den Eigentümern von Grundstücken, die schon zu DDR-Zeiten an die Kanalisation angeschlossen worden waren.

Das OVG negiert in seinem Urteil, daß sich die betroffenen Grundstückseigentümer auf das Prinzip des Vertrauensschutzes und das rechtliche Rückwirkungsverbot berufen könnten. Die Beitragspflicht für die seit mindestens zwei Jahrzehnten benutzten Abwasseranschlüsse sei erst im Jahre 2004 entstanden, in dem der bereits 1991 gebildete Zweckverband Fürstenwalde seine erste fehlerfreie Beitragssatzung in Kraft gesetzt habe. Damit sei auch keine Verjährung der Beitragsforderungen – die Frist beträgt vier Jahre – gegeben.

Allein in Fürstenwalde betrifft das Urteil rund 3000 Grundstückseigentümer, die bis Ende 2008 Beitragsbescheide für Abwasseranschlüsse aus DDR-Zeiten erhalten werden. Nach Auffassung des VDGN besteht aber die Gefahr eines Flächenbrandes, daß die zum Teil hochverschuldeten Zweckverbände im Land Brandenburg die Chance nutzen werden, sich zusätzliche Einnahmen zu beschaffen. Diese Gefahr prägt sich um so schärfer aus, als es den Zweckverbänden auch möglich sein wird, Beiträge für Trinkwasseranschlüsse aus DDR-Zeiten zu verlangen. Denn über einen solchen Anschluß verfügte auf dem Territorium des heutigen Brandenburg vor dem 3. Oktober 1990 fast jedes Grundstück. Nach den Erfahrungen des VDGN – vor allem im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern – führt die Praxis der Beitragserhebung für „Altanschlüsse“ zu erheblichen zusätzlichen Belastungen für Menschen in Regionen, die ohnehin schon von hoher Arbeitslosigkeit, geringerem Einkommensniveau im Durchschnitt der Bevölkerung und Abwanderung gekennzeichnet sind. Das bringt erhebliche Gefahren für den sozialen Frieden und den Rechtsfrieden mit sich. Außerdem betrifft die Beitragserhebung für „Altanschlüsse“ nicht zuletzt auch die Kommunen als Grundstückseigentümer, denen damit weitere Finanzmittel entzogen werden VDGN-Präsident Eckhart Beleites hat in einem Brief den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck aufgefordert, umgehend für eine politische Lösung des sich abzeichnenden Problems zu sorgen.