VDGN für sozial gerechte Klimapolitik

23.02.2022

Die neuen Klimaziele des Berliner Senats wirken utopisch. Sollen sie wirklich erreicht werden, sind massive Investitionen von Bund und Ländern nötig. Gleichzeitig müssen die Verbraucher vor neuen Belastungen geschützt werden.    

Die neuen Klimaziele des Berliner Senats wirken utopisch. Sollen sie wirklich erreicht werden, sind massive Investitionen von Bund und Ländern nötig. Gleichzeitig müssen die Verbraucher vor neuen Belastungen geschützt werden. Marvin Siefke / pixelio.de

„Ambitioniert“ heißt es im politischen Jargon, wenn große Ziele verkündet werden. Und groß sind die Klimazieles des Berliner Senats tatsächlich: So sollen die im Land Berlin verursachten CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 70 Prozent, bis zum Jahr 2040 um mindestens 90 Prozent und spätestens bis zum Jahr 2045 um mindestens 95 Prozent gegenüber 1990 verringert werden. Die Zwischenziele liegen etwas über den Klimaschutzzielen der Bundesregierung, aber letztlich eint beide das Ziel einer nahezu klimaneutralen Zukunft ab Mitte der vierziger Jahre dieses Jahrhunderts. 

Welche Herkulesaufgabe da vor uns liegt, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass der CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 in Berlin und auch bundesweit um knapp über 40 Prozent gegenüber 1990 verringert wurde.    

Fünf Sektoren im Visier

Orientiert an der Vereinbarung des Pariser Klimaabkommens von 2015, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wurden in der Studie „Berlin Paris-konform machen“ für fünf Sektoren spezifische CO2-Mindesrungsziele abgeleitet. Hierbei wurde berechnet, wie stark die jeweiligen Sektoren ihre Emissionen gegenüber ihren Emissionen von 2020 reduzieren müssen, um die Minderungsziele des EWG Bln zu erreichen:

Kaum erreichbare Klimaziele

 203020402045
Energieminus 47,1%minus 81,2%minus 90,6%
Gebäudeminus 46,3%minus 84,3%minus 92,1%
Wirtschaftminus 65,7%minus 88,5%minus 94,3%
Haushalte und Konsumminus 67,9%minus 91,1%minus 95,5%
Verkehrminus 41,2%minus 77%minus 88,5%

Um diese Zahlen zu erreichen, sind gewaltige Umbrüche nötig. Allein um die technische Umsetzung sozialverträglich zu gestalten, braucht es massive Förderprogramme vom Bund und von den Ländern. Das vom Senat angestoßene Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm kann da nur ein kleiner erster Schritt sein.    

Kein Zwang zur Wärmepumpe!

Nach aktuellem Diskussionsstand sollen auch Besitzer von Bestandswohngebäuden dazu verpflichtet werden, bei einem Heizungstausch einen Anteil i.H.v. 65 Prozent durch erneuerbare Energien zu decken. Im Entwurf wird sogar explizit das Ziel erwähnt, dass sich die Eigenheimer eine Wärmepumpe anschaffen sollen. Einen solchen Zwang lehnt der VDGN strikt ab! Viele Gebäude eignen sich aus technischer Sicht nicht für die Installation einer Wärmepumpe. Zudem würden mit diesem Zwang echte soziale Härtefälle produziert. Denn es hilft nicht, wenn über Förderprogramme ein Großteil der eigentlichen Wärmepumpe finanziert wird. Auf den Kosten für die notwendige Fußbodenheizung bleiben die Verbraucher sitzen.

Soziale Transformation und technische Innovationen

Für den VDGN ist die Energiewende nicht nur eine technische Transformation, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die nur mit einer gleichzeitigen sozialen Transformation zu bewältigen ist. Das bedeutet, die Verbraucher nicht einfach mit unfinanzierbaren Auflagen und Vorschriften zu überziehen. Vielmehr ist es Aufgabe aller beteiligten politischen, wirtschaftlichen und auch gesellschaftlichen Akteure, die Menschen bei allen Vorhaben mitzunehmen und aufzuklären, sowohl über Risiken als auch über zu erwartende Vorteile. So liegt der finanzielle Nutzen einer eigenen Solaranlage, gerade mit Blick auf die aktuellen Strompreise, deutlich auf der Hand. Doch müssen die Menschen auch an den Gewinnen aus größeren Energieprojekten wie Windparks oder dem Netzausbau beteiligt werden, zum Beispiel in Form von sozialer Infrastruktur am Ort oder direkten Entschädigungszahlungen. Und wenn manche Maßnahme vielleicht klimapolitisch sinnvoll, betriebswirtschaftlich aber nicht darstellbar ist, dann muss sie vom Staat vollständig bezahlt werden.  

Viele Baustellen, zu wenige Fachkräfte

Eine der größten Herausforderungen bei der Erreichung der hohen Ziele ist die Bereitstellung von genügend Fachunternehmen mit hinreichend Knowhow hinsichtlich der neuen Technologien. Hier sind Politik sowie Kammern und Berufsverbände gefordert, umfassende Initiativen für Ausbildung und Weiterqualifizierung anzustoßen. Schon heute sind Fachkräfte Mangelware. Hier ist zügiges Handeln gefragt.  

Konstruktiv, aber kritisch

Die Erreichung der Berliner Klimaziele ist eine Mammutaufgabe. Bei der Definition und der Umsetzung der konkreten Maßnahmen wird sich der VDGN im Sinne der Verbraucher engagieren. So pflegt der VDGN schon heute Kooperationen mit verschiedenen Partnern, von denen unsere Mitglieder beispielsweise in Form von Beratungen profitieren. Gleichzeitig setzen wir uns gegenüber Politik und Gesellschaft dafür ein, die Menschen nicht zu überfordern.